Aktuelles
17.-19. Januar 2025
„Werte (er-)leben“: Tagung an der Evangelischen Akademie Tutzing
„Werte (er-)leben“ lautete das Motto der Tagung, zu der die Evangelische Akademie Tutzing, das Bayerische Bündnis für Toleranz und die Stiftung Wertebündnis Bayern an den Starnberger See geladen hatten. In Vorträgen, Diskussionsrunden und praktischen Übungen bekamen rund 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmer Gelegenheit, gemeinsam zu erarbeiten, welche Werte ihnen wichtig sind, wie wir sie als Individuen und Gesellschaft leben können und wie sie uns in eine lebenswerte Zukunft führen.
Im Eröffnungsvortrag führte Prof. Dr. Karsten Fischer von der LMU aus, dass sich Demokratie einem minimalistischen Verständnis zufolge auf die Formel des gewaltfreien politischen Wandels reduzieren lasse. So haben Bürgerinnen und Bürger in regelmäßigen Abständen mittels Wahl die Möglichkeit, einen Regierungswechsel herbeizuführen. Demokratie sei kein Selbstzweck, so Fischer, sondern das Mittel zur Realisierung der höheren Werte Freiheit und Menschenwürde. Die liberale Demokratie, die wir häufig implizit meinen, ist darüber hinaus noch deutlich voraussetzungsvoller. Denn sie schließt Aspekte wie Volkssouveränität Konstitutionalismus, Repräsentation, Diskursivität, Rationalität, Öffentlichkeit und Fehlerfreundlichkeit mit ein. Anschaulich zeigte Fischer auf, dass der autoritäre Populismus all diese Aspekte untergräbt. Übrig bleibt in dieser Sichtweise lediglich die Volkssouveränität, im Rahmen derer ein vermeintlich natürlich vorhandener homogener Volkswille vorausgesetzt wird, den man – so die populistische Sicht – nur umsetzen müsse.
Wie lassen sich diese liberal demokratischen Werte in der Praxis schützen? Dieser Frage gingen Verena Berthold und Dr. Martin Winkler vom Verein Zivilcourage für ALLE in ihrem Vortrag nach. Sie ermutigten die Gäste zur Reflexion über ihr Werteverständnis und ihre Reaktionen darauf, wenn Grenzen überschritten werden. Berthold und Winkler lieferten neben Einblicken in die psychologische Forschung gleich Tipps für den Alltag mit, die in den anschließenden Workshops praktisch erprobt werden konnten.
Die Journalistin Xifan Yang, Auslandskorrespondentin der ZEIT, erörterte in ihrem Vortrag die vermeintlichen Vorzüge von Autokratien gegenüber Demokratien, wie z.B. Effizienz- oder Stabilitätsvorteile und stellte gleichzeitig fest, dass das liberaldemokratische Modell global gesehen an Strahlkraft verliert. In der UN verfestige sich der Eindruck, dass selbst die westlichen Demokratien sich nicht mehr an die Nachkriegsordnung halten. Als Stichwörter nannte Yang den Irakkrieg, Afghanistankrieg, Abu Ghraib, Guantanamo.
Die Impulse wurden sowohl in den Workshops als auch auf dem Markt der Möglichkeiten vertieft, auf dem sich Organisationen präsentierten und Ideen für zivilgesellschaftliches Engagement aufzeigten. Die Tagung war geprägt von einer lebendigen Debattenkultur – auch beim Abschlusspanel, das auf Bayern 2 übertragen wurde – und der Erkenntnis, dass Werte nicht nur für das persönliche Leben, sondern auch für das gesellschaftliche und politische Miteinander zentral sind. Besonders in Abgrenzung zu autoritären Systemen stimmte es nachdenklich, was passiert, wenn man liberal-demokratische Werte proklamiert, sie aber selbst nicht lebt. Das führt zu Vertrauensverlusten, innen- wie außenpolitisch. Werte lassen sich nicht vermitteln, sondern nur vorleben. Diesen wichtigen Hebel gilt es zu nutzen.